Der Frankenbund (Würzburg) besucht die Sonderausstellung:
Wein & Sinnlichkeit. Der Fotograf Johann Willsberger entdeckt das griechische Symposion im Martin von Wagner Museum der Universität Würzburg.
Zum Dank für seine großzügige Unterstützung der Ausstellung erhielt der Frankenbund am 9. Januar eine Direktorenführung durch den Leiter der Würzburger Antikensammlung, Jochen Griesbach-Scriba. Der Titel der Ausstellung, Wein & Sinnlichkeit, beschreibt einerseits den Assoziationsraum, den der ‚ideale‘ Weinverzehr unwillkürlich eröffnet. Andererseits spielt er auf die Affinität des Weines zur (bildenden) Kunst an, die sich im Anregen der menschlichen Phantasie manifestiert.
Weingenuss ist und war stets mit der Ansprache vieler simultaner Sinneswahrnehmungen verbunden. Das gilt für den Nuancenreichtum von Geschmack, Bouquet und Farbe der Weine genauso wie für den überwiegenden Kontext ihres Verzehrs: Musik & Gesang, Tanz, Poesie, Scherz & Spiel, Erotik, Erinnerungen, Maskeraden und (philosophische) Gespräche. In der Antike beschreibt der Reigen dieser sinnlichen Erfahrungen die Welt des Weingottes Dionysos und des Symposions, des Trinkgelages in geselliger Runde. Davon zeugen nicht nur viele literarische Texte, sondern auch zahllose Bilder auf griechischem Bankettgeschirr.
Die Ausstellung präsentiert eine zweigleisige Konfrontation der dionysischen Bilderwelt mit Fotokunst der Gegenwart aus der Hand von Johann Willsberger: Digitale Adaptionen übersetzen und verlebendigen den auf Entertainment angelegten Motivschatz der antiken Trinkgefäße im Sinne moderner Sehgewohnheiten. Demgegenüber steht eine Serie von Nahaufnahmen international renommierter Weine in ihrem Herstellungsprozess, die deutlich machen, wie der Wein beim Gären eine Fülle von Assoziationen weckt: Landschaften, Organismen, Universen! Im Wein erkennt der Mensch die Wandelbarkeit der Welt und seiner selbst, wie sie einst das Wesen des Dionysos (= der zweimal Geborene) verkörperte.
In der ‚Kleinen Galerie‘ der Graphischen Sammlung evozieren die lang gestreckten Proportionen des Raumes das Innere eines Tempels mit dem ‚Kultbild‘ des Dionysos als Fluchtpunkt. In sechs Sektionen, die wie Stationen eines Pilgerwegs konzipiert sind, werden die verschiedenen im Symposion adressierten Sinne aufgerufen: Schmecken, Sehen, Hören, Tasten & Spüren, nicht nur als Einzelerfahrungen, sondern vor allem als Erlebnisse der Synästhesie. Darüber hinaus sind aber auch die Grenzen der Sinnlichkeit einbegriffen: Ekstase und Metaphysik. Die antiken Exponate umfassen dabei nicht nur Bankettgeschirr, sondern auch Münzen sowie Terrakotten in der Funktion von Votiven.
Der Auswahl von 28 antiken Objekten stehen etwa ebenso viele moderne Fotos in verschiedenen Großformaten gegenüber: zum einen ‚Vasenbilder‘ als Pop Art, zum anderen sogenannte Quetsch- und Gärbilder, die rund um den Globus bei den bedeutendsten Weingütern entstanden sind. Weitere Einblicke in das reiche Œvre von Johann Willsberger ermöglichen Slide-Shows als Projektion und über eine ‚Medienwand‘. In einer dort aufrufbaren Animation von André Mischke (Institut für Kunstgeschichte) gewinnen die Figuren auf den Gefäßen schließlich noch weiter an Lebendigkeit, begleitet durch der Antike nachempfundene Blasmusik (Diaulos) des Musikarchäologen Callum Armstrong.
Johann Willsberger ist seit vielen Jahrzehnten ein Meister der Food-Fotografie. Von 1976 bis 2001 hat er die Zeitschrift „GOURMET – Das internationale Magazin für Essen und Wein“ herausgegeben und so der kulinarischen Fotografie zu einer völlig neuen Ästhetik verholfen. Darüber hinaus ist er seit langem auch künstlerisch tätig, macht nicht nur Fotos, sondern formt auch Skulpturen aus Stahl, hat mit der WILLSBERGER COLLECTION eine eigene wegweisende Weinglas-Serie im diamond shape designt und eine Vielzahl von Büchern und prächtigen Bildbänden von der Objekt- bis zur Landschaftsfotografie veröffentlicht.
Die Ausstellung läuft noch bis zum 26. Mai 2024. Zu sehen ist sie in der ‚Kleinen Galerie‘ des Martin von Wagner Museums der Universität Würzburg, im Südflügel der Residenz, 2. OG. Der Eintritt kostet 5,00 €, ermäßigt 3,00 €. Auf Wunsch gibt es auch ein Glas Wein zum Besuch der Ausstellung!
Text: Prof. Dr. Griesbach-Scriba; Fotos: Dr. Friedrich