Am 9. Juni 1989 wurde das Lohrer Schulmuseum mit einer kleinen Feier eröffnet.
Vom Konzept her sollte es sowohl Schulmuseum als auch Stadtmuseum sein, weil es einerseits an die verschiedenen Lohrer Schulen – vor allem um 1900 gab es in Lohr a.Main mehr Schulen als in jeder von der Einwohnerzahl her vergleichbaren Stadt in Franken – und andererseits auch die allgemeine Lohrer Geschichte mit einbezog.
Der historische Kontext
Aber es sollte auch, und vor allem, Schule als ein Spiegelbild der jeweiligen Gesellschaftsordnung und Staatsform darstellen, wobei der Begriff „Schule“ als Stätte des Lehrens und Lernens nicht auf die Vorgänge im Schulgebäude beschränkt blieb, sondern ausgeweitet wurde auf die anderen Erziehungsträger Elternhaus, Kirche, Jugendorganisationen usw.
Das wurde vor allem dokumentiert mit in den Schwerpunkten Kaiserreich (1871 – 1918) und Drittes Reich (1933 – 1945) durch eine entsprechende Anordnung der Themenkreise.
Als fünf Monate später, am 9. November 1989, die DDR-Mauer fiel, ergab sich die Möglichkeit, das Gesamtkonzept des Museums neu zu justieren mit den Eckpunkten „Französische Revolution“ („Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“) 1789 und 1989 (Zusammenbruch der DDR). Diese 200 Jahre waren nun der Zeitraum , in dem sich in besonderer Weise der Einfluss totalitärer Strömungen auf die Schule und das außerschulische Erziehungswesen in musealer Hinsicht verdeutlichen ließ.
Medienlob und internationale Anerkennung
Dieses Konzept fand schnell Akzeptanz und Anerkennung bei den Medien, so auch 1994 bei der Redaktion der renommierten FRANKFURTER ALLGEMEINEN SONNTAGSZEITUNG: Ihr Mitarbeiter Thomas F. Klein schrieb am 13. Februar jenes Jahres unter der Überschrift: „Schulmuseum zeigt auch andere Seiten der guten alten Zeit“:
„In seligen Verklärungen der ‘guten alten Zeit’ nach Art der ‘Feuerzangenbowle’ werden allerdings nur zu gerne die Schattenseiten vergessen. In Erinnerung rufen muss man nicht nur den autoritären Unterrichtsstil, der wie selbstverständlich drakonische Strafen mit einschloss.(…) Schule war ein Ort nicht nur des Lernens, sondern auch der Verführbarkeit. (…) Wie verdeutlicht man diese Zusammenhänge, ohne moralinsauer den Zeigefinger zu erheben? Man lässt die Zeugnisse der Zeit für sich sprechen. Im Lohrer Schulmuseum gelingt es, Schule als historischen Lernort und zugleich als Ort zu zeigen, an dem man etwas lernen kann (…).“
Sechs Jahre später, am 28. Januar 2000, schrieb der emeritierte Professor Dr. Max Liedtke nach einem Besuch des Lohrer Schulmuseums an den Leiter des Museums: „Seit den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts verfolge ich weltweit die Entwicklung der Schulmuseen. Es steht für mich außer Frage, dass das von E. Stenger eingerichtete Schulmuseum national und international zu der attraktivsten Schulmuseen zählt.
Professor Liedtke begründete seine gewichtige Aussage u.a. mit dem ungewöhnlichen lDetailreichtum des Sammelgutes und dem Geschick einer Präsentation, die nicht ermüdet, und mit dem Reiz der regelmäßigen Wechsel- bzw. Sonderausstellungen, die den Rahmen der Dauerausstellungen sehr geschickt sprengen und in immer neue alte Welten der Schul- und Zeitgeschichte führen. Professor Dr. Liedtke wörtlich:
„Durch die Wechselausstellungen ist das Museum zudem in der Lage, auf aktuelle schulische Probleme einzugehen und diese Probleme auf dem Hintergrund der geschichtlichen Zusammenhänge darzustellen.“
Anlässlich des 20-jährigen Bestehens des Museums, schrieb der Welt- und Museum-erfahrene Journalist, Reporter und Schriftsteller S. Michael Westerholz, der mehrmals das Museum besucht hatte:
„Ich persönlich war in das ‘optisch-sinnliche Museum, das auch seelische Schichten anspricht` (Peter Genth) und mir bei jedem Besuch neue und Wiedererkennungs-Erlebnisse vermittelte, regelrecht vernarrt. Das Haus mag klein aussehen. Doch das Museum ist riesig in seinen Beständen und sehr groß in seiner Bedeutung und Wirkung. Das und die Art, wie es geführt und immer wieder spannend gemacht wird unter Verzicht auf optische Mätzchen, das hebt dieses Museum aus der Masse der deutschen Schulmuseen heraus!“
Ein Ort der lebendigen Geschichte
Das Museum war und ist seit seines Bestehens auch ein Ort der Lohrer Allgemeingeschichte.
Viele der insgesamt 100 Sonderausstellungen bis heute befassten sich mit historischen Vorgängen, so etwa „Die Geschichte der Lohrer Familie Göpfert“, „Geschichte und Schicksal der Lohrer Juden“, „Lohr im Dritten Reich“, „Es geht aufwärts mit unserer Heimatstadt – Lohr 1945 – 1962“ usw.
Aber auch in der Dauerausstellung ist die Geschichte der Stadt und deren Einwohner präsent. „Die Familie Göpfert 1894 – 1986“, „Erinnerungen des Lohrers Dr. Josef Weis an seine Schulzeit am Lohrer Gymnasium 1922 – 1931“, „Der Lebenslauf der Höheren Tochter und späteren Lehrerin Babette Vogt 1863 – 1939“ sind einige Beispiele.
Vor allem aber der Eingangsbereich mit den großformatigen Fotos erinnert nicht nur an die Lohrer Schulen, sondern auch an das städtische Leben um 1900.
Das Lohrer Schulmuseum war nie ein Ort der Stagnation. Mit dem Erwerb weiterer Exponate wurden die Räume bzw. Vitrinen ergänzt und Aussagen vertieft.
Eine bemerkenswerte Erweiterung auf dem letzten noch freien Wandteil erfolgte 2017: Im Anschluss an den historischen Gang durch 200 Jahre der deutschen Geschichte (1789 bis 1989) unter besonderer Berücksichtigung der schulischen Entwicklung und der Erziehung im außerschulischen Bereich ist eine Wandvitrine der „Kartoffel“ gewidmet. Anlass dazu ist, dass die Kartoffel seit Jahrhunderten in vielerlei Beziehungen auch mit der Schule verbunden ist.
Außerdem hat Lohrs „exklusivster“ Club „SOCIETAS AD USUM POTATONIS“ (Gesellschaft zum Nutzen der Kartoffel) im Schulmuseum seinen Ausgangspunkt und nun auch eine Bleibe gefunden.
Besucherinformationen
Das Lohrer Schulmuseum im Ortsteil Lohr-Sendelbach ist Mittwoch bis Sonntag und an allen gesetzlichen Feiertagen jeweils von 14 bis 16 Uhr geöffnet. Gruppen können auch nach vorheriger telefonischer Absprache (Tel. 09352/4960 oder 09359/317) außerhalb der regulären Öffnungszeiten das Museum besuchen.
Bitte gegebenenfalls ein Belegexemplar zusenden!
Zusätzliches druckfähiges Bildmaterial sende ich Ihnen auf Anforderung zu.
Internet: www.lohr.de/schulmuseum
E-Mail: eduard.stenger@gmx.net
Tel. 09359-317 und 09352-4960