
Bleibt noch zu erwähnen, dass die Symbolik der Fahne an die Bedeutung der Kartoffel für die Ernährung der Menschheit erinnern soll und so in besonderer Weise die Aufgaben und Zielsetzungen des Lohrer Kartoffelclubs verdeutlicht.
Dieser Blogartikel bietet einen spannenden Einblick in die Geschichte der Kartoffel, basierend auf den faszinierenden Forschungen und wertvollen Sammlungen, die Eduard Stenger, Leiter des Lohrer Schulmuseums und „Kartoffelkönig“, mit großer Leidenschaft zusammengetragen und uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat.
Am 19. August wird der Tag der Kartoffel gefeiert – ein Anlass, um auf die Bedeutung dieser unscheinbaren Knolle zurückzublicken, die einst als „höllische Frucht“ verschrien war und heute eines der wichtigsten Grundnahrungsmittel der Welt ist. Besonders in Franken und dem Spessart hat die Kartoffel eine interessante Geschichte, die durch historische Quellen, alte Schüleraufsätze und die Forschung von Eduard Stenger, dem Leiter des Lohrer Schulmuseums, lebendig bleibt.
Friedrich der Große und die Kartoffel in Franken
Die Einführung der Kartoffel in Deutschland ist untrennbar mit Friedrich II. (dem Großen) verbunden, der als „erster Kartoffelkönig“ gilt. Als die Bauern in Preußen die unbekannte Knolle ablehnten, griff Friedrich zur List: Er ließ Kartoffelfelder streng bewachen, um sie kostbar erscheinen zu lassen – woraufhin sie heimlich gestohlen und verbreitet wurden. Doch es dauerte Jahrzehnte, bis die Kartoffel auch in Franken und dem Spessart zum Hauptnahrungsmittel wurde. Eine entscheidende Wende brachte die große Missernte von 1816, die den Anbau massiv vorantrieb.

Von der „höllischen Frucht“ zum Grundnahrungsmittel
Die Einführung der Kartoffel war nicht unumstritten. Der Klerus machte gegen die Pflanze mobil, weil sie nicht in der Bibel erwähnt wird und zu den Nachtschattengewächsen gehört – jener Pflanzenfamilie, die auch das giftige Hexenkraut umfasst. Manche hielten sie gar für ein Aphrodisiakum. Professor Rudolf Virchow stellte 1852 bei einer Inspektionsreise durch den Spessart fest, dass die dortige hohe Geburtenrate womöglich auf den „exklusiven Kartoffelgenuss“ zurückzuführen sei.

Kartoffelanbau und Ernte: Schüler berichten aus vergangenen Zeiten
Historische Schüleraufsätze geben einen seltenen Einblick in den landwirtschaftlichen Alltag vergangener Generationen.
- Anton Stenger (1912) beschreibt das Kartoffellegen im Frühjahr: Das sorgfältige Aussortieren der Saatkartoffeln, das Düngen der Felder und die mühsame Pflanzarbeit mit Pflug und Handarbeit.
- Josef Mantel (1943) schildert einen Tag bei der Kartoffelernte in Kriegszeiten. Vom frühen Aufstehen, dem harten Sammeln der Knollen bis zur verdienten Brotzeit – die Ernte war eine körperlich fordernde, aber gemeinschaftliche Arbeit.
- Vinzenz Stenger (1914) hebt die immense Bedeutung der Kartoffel als Grundnahrungsmittel hervor: „Ohne Kartoffeln wüsste die Mutter oft gar nicht, was sie kochen sollte.“ Die Knolle wurde in unzähligen Varianten zubereitet, von Klößen bis zu Suppen.

Eduard Stenger – der „Kartoffelkönig“ und Bewahrer der Geschichte
Eduard Stenger, der Leiter des Lohrer Schulmuseums, auch bekannt als „Kartoffelkönig“ hat mit seinen Forschungen maßgeblich dazu beigetragen, die Geschichte der Kartoffel im Spessart zu dokumentieren. In „Eine höllische Frucht“ fasst er die Mythen um die Kartoffel zusammen, während er historische Dokumente wie den Kartoffelbefehl Friedrichs II. bewahrt und Fotoreproduktionen von alten Ernteszenen archiviert.

Der berühmte Kartoffelbefehl Friedrichs II.: „Circular-Ordre vom 24. März 1756 an sämmtliche Land- und Steuer-Räthe, Magisträte und Beamte“:
„Es ist Uns in höchster Person in Unsern und anderrn Provintzien die Anpflanzung der sogenannten Tartoffeln, als ein nützliches und so wohl für Menschen, als Vieh auf sehr vielfache Art dienliches Erd Gewächse, ernstlich anbefohlen.“
„Übrigens müßt ihr es beym bloßen Bekanntwerden der Instruction nicht bewenden, sondern durch die Land-Dragoner und andere Creißbediente Anfang May revidieren lassen, ob auch Fleiß bey der Anpflantzung gebraucht worden, wie Ihr denn auch selbst bey Euren Bereysungen untersuchen müsset, ob man sich deren Anpflantzung angelegen seyn lasse.“
Das Märchen vom guten Kartoffelkönig
Eine kreative Bearbeitung der Kartoffelgeschichte findet sich im Märchen „Der gute Kartoffelkönig“, das die Verbindung zwischen Franken und dem Spessart symbolisiert. Die Hauptfigur – eine riesige Kartoffel – flieht vor hungrigen Tieren, rollt durch Lohr und über die erste Mainbrücke (1875), bis sie schließlich in einer armen Familie landet und diese vor Hunger rettet.

Mehr als eine Knolle
Die Kartoffel ist weit mehr als ein einfaches Nahrungsmittel. Sie hat die Geschichte Frankens mitgeprägt – von Friedrich dem Großen über die Spessarter Bauern bis zu den Schulaufsätzen, die die harte Erntearbeit vergangener Generationen schildern. Dank Eduard Stenger und seinem Schulmuseum bleibt dieses Erbe lebendig.
Quellen:
- „Die Kartoffel – eine höllische Frucht?“, Eduard Stenger, Leiter des Lohrer Schulmuseums und DER KARTOFFELKÖNIG
- „Friedrich II. und die Kartoffel im Spessart“ Aus dem Archiv des Kartoffelkönigs (und Leiters des Lohrer Schulmuseums) zum Tag der Kartoffel am 19. August 2025
- „Eine höllische Frucht“, Eduard Stenger, Leiter des Lohrer Schulmuseums und DER KARTOFFELKÖNIG
- „Beim Kartoffellegen“ (Anton Stenger, 1912)
- „Ein Tag bei der Kartoffelernte“ (Josef Mantel, 1943)
- „Wie wir uns von Kartoffeln nähren“ (Vinzenz Stenger, 1914)
- „Der gute Kartoffelkönig“ (Bert Stenger)